Mehr als nur frische Luft

Finanzielle Bürgerbeteiligung bei Windkraft & Co.

Mein, dein, unser Windrad! Bürger finanziell an Projekten der Erneuerbaren zu beteiligen, rückt immer mehr in den Fokus von Unternehmen und Politik. Fast die Hälfte der Bundesländer hat Beteiligungsgesetze erlassen, die neben den Kommunen auch Bürger am wirtschaftlichen Erfolg z.B. des lokalen Windparks teilhaben lassen wollen.

Die finanzielle Beteiligung von Kommunen an erneuerbaren Energieprojekten soll die Akzeptanz vor Ort erhöhen, denn sie können direkt vom Erfolg der örtlichen Energieanlage profitieren. Eine Regelung findet sich in § 6 Abs. 1 Satz EEG, der wie folgt lautet:

Anlagenbetreiber sollen Gemeinden, die von der Errichtung ihrer Anlage betroffen sind, finanziell beteiligen.

Dabei fallen zwei Punkte ins Auge: „Sollen“ heißt nicht „müssen“ und als potentielle Beteiligte sind nur die Gemeinden genannt. Um auch die Akzeptanz in der Bevölkerung zu erhöhen, gibt es in immer mehr Bundesländern, die finanzielle Beteiligungen z.T. auch für Bürger vorsehen. Neben dem Beitrag zur Energiewende kann bei Beteiligungsmodellen unter Umständen ein besonderer Anreiz darin bestehen, dass die Rendite ggf. höher ausfällt als bei traditionellen Sparprodukten.

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Unabhängig von gesetzlichen Verpflichtungen steht es Unternehmen frei, ob und in welcher Form sie Bürger beteiligen möchten. In jedem Fall ist dies eine Möglichkeit, Projekte zumindest zum Teil über den freien Kapitalmarkt zu finanzieren, etwa dann, wenn das Unternehmen nicht auf eigenes Kapital oder Kredite zurückgreifen kann oder dies nicht möchte.

Beispiele sind etwa GmbH & Co. KG, Nachrangdarlehen, Genossenschaft oder auch Crowdfunding.

GmbH & Co. KG

Kapitalmarktrechtlich handelt es sich um eine Form der Vermögensanlage gem. § 1 Abs. 2 Nr. 1 VermAnlG. Diese Rechtsform kombiniert Vorteile beider Gesellschaftsformen: die Haftungsbeschränkung der GmbH und die Flexibilität der KG. Voll haftende Gesellschafterin (Komplementärin) ist eine GmbH. Sie spielt die zentrale Rolle, übernimmt insbesondere die Geschäftsführung. Außerdem unterliegt sie einer unbeschränkten Haftung mit dem gesamten Vermögen, wobei sich die Haftung wiederum auf das Gesellschaftsvermögen der GmbH beschränkt.

Die Bürger beteiligen sich mit einem bestimmten Betrag als beschränkt haftende Gesellschafter (Kommanditisten), heißt konkret: Nur die Einlagesumme haftet, nicht das Privatvermögen. Aber Vorsicht: Hat ein Anleger z.B. einen Anteil von € 10.000 gezeichnet und erst € 1.000 einbezahlt, muss er gegenüber Gläubigern auch für die noch ausstehenden € 9.000 geradestehen. Denn eingetragen im Handelsregister ist der Kapitalanteil von € 10.000. Wirtschaftlich betrachtet sind Kommanditisten am Gewinn und Verlust beteiligt. Das Verlustrisiko ist jedoch auf den Betrag der Einlage beschränkt; eine Pflicht, darüber hinaus Verluste der Gesellschaft zu tragen, besteht nicht. Es handelt sich um eine reine Kapitalanlage; von der Geschäftsführung sind Kommanditisten in der Regel ausgeschlossen.

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Nachrangdarlehen

Beim Nachrangdarlehen als Form der Fremdfinanzierung ist die Rückzahlung des Darlehens im Insolvenzfall nachrangig gegenüber anderen Verbindlichkeiten. Konkret bedeutet das: Wird die darlehensnehmende Gesellschaft insolvent, kommen Nachrangdarlehensgeber erst dann zum Zug, wenn alle anderen Gläubiger berücksichtigt wurden. Es kann also durchaus sein, dass diese nur eine geringe Quote ihrer Forderung bekommen oder sogar leer ausgehen, weil die Insolvenzmasse – das Vermögen, das zur Verteilung der Gläubiger zur Verfügung steht – nicht reicht, um alle Schulden ganz oder auch nur teilweise zu begleichen. Um diesen Nachteil zu kompensieren, bieten Nachrangdarlehen oft höhere Zinsen als herkömmliche Kredite. Da Nachrangdarlehensgeber lediglich als Geldgeber fungieren, haben sie keinerlei Einflussmöglichkeiten auf die Geschäftsführung.

Das Nachrangdarlehen fällt ebenfalls unter den Begriff der Vermögensanlage, § 1 Abs. 2 Nr. 4 VermAnlG.

Genossenschaft

162, plus minus ein paar Jahre. So alt ist die Genossenschaft in Deutschland. Das Genossenschaftsgesetz stammt in seiner Ursprungsversion aus dem Jahr 1889. Neben Bereichen wie Wohnungsbau, Handel oder Finanzwesen spielt die alte Dame auch im Bereich der Erneuerbaren eine Rolle. Rechtlich betrachtet ist die Genossenschaft eine Gesellschaft mit mindestens drei Mitgliedern (eine Höchstzahl gibt es nicht), die gemeinsame wirtschaftliche, soziale oder kulturelle Interessen verfolgen. Die eingetragene Genossenschaft (eG) ist eine demokratische Unternehmensform, gekennzeichnet durch Selbsthilfe, Selbstverwaltung und Selbstverantwortung. Die Mitglieder sind gleichzeitig Eigentümer und Nutznießer. Ihre Haftung ist auf das Genossenschaftsvermögen beschränkt.

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Crowdfunding

Beim Crowdfunding, auch bekannt als Schwarmfinanzierung, werden von einer großen Anzahl an Menschen meist übers Internet kleine Geldbeträge eingesammelt, um Projekte zu finanzieren.

Wichtige Regelungen sind etwa das Vermögensanlagengesetz sowie die Europäische Verordnung (EU) 2020/1503über europäische Crowdfunding-Dienstleister für Unternehmen (ECSPR). Diese Verordnung schafft einen harmonisierten Rechtsrahmen für Crowdfunding-Dienstleister in der EU und legt unter anderem fest, dass das maximale Finanzierungsvolumen pro Projektträger pro Jahr fünf Millionen Euro nicht überschreiten darf.

Besonders im Bereich der Erneuerbaren spielt Crowdfunding für Start-ups und kleine bis mittlere Unternehmen (KMU) als Alternative zu anderen Finanzierungsformen eine wichtige Rolle. Kleinere Projekte, ggf. innovativ oder risikoreich, die keine traditionelle Bankenfinanzierung erhalten würden, können so realisiert werden. Crowdfunding hat sich als effizientes und flexibles Instrument erwiesen, um die Finanzierungslücken zu schließen und die Energiewende voranzutreiben.

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Prospektpflicht und Prospektbefreiungen

Der Grundsatz lautet: Wer öffentlich Kapital einwirbt, unterliegt der Prospektpflicht. Bedeutet: Das Unternehmen muss einen Prospekt erstellen, der den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Dieser ist durch die BaFin zu billigen. Dies gilt z.B. für Vermögensanlagen nach Vermögensanlagengesetz, wozu unter anderem das Nachrangdarlehen gehört. Der Prospekt muss alle tatsächlichen und rechtlichen Angaben enthalten, die dem Anlegerpublikum ein zutreffendes Bild des Investments vermitteln. Dazu gehören etwa neben dem Emittenten und dessen Geschäftstätigkeit, den Prospektverantwortlichen auch Risiken und Zielgruppe einer Anlage.

Nicht immer ist ein Prospekt nötig. Von der Pflicht gibt es Befreiungen. Ein Beispiel sind Genossenschaftsanteile, wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind. Praktisch wichtiger Fall: Werden insbesondere Nachrangdarlehen als Schwarmfinanzierungen über Crowdinvesting-Plattformen öffentlich angeboten, ist kein Prospekt nötig. An die Stelle des Prospekts tritt jedoch ein Vermögensanlagen-Informationsblatt, VIB. Es enthält in Kurzform, auf höchstens drei DIN A4-Seiten die wesentlichen Informationen der Anlage.

Wichtig: Im Vermögensanlagenrecht ist immer ein VIB zu veröffentlichen, entweder zusätzlich zum Prospekt oder stattdessen. 

Der Prospekt und auch das VIB müssen vor dem öffentlichen Angebot der Anlage von der BaFin, der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, geprüft und gebilligt werden.

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Die Rolle der BaFin

Als oberste nationale Aufsichtsbehörde im Finanzbereich spielt die BaFin eine zentrale Rolle bei der Regulierung und Überwachung auch von Bürgerbeteiligungsprojekten. Sie stellt unter anderem sicher, dass die Prospektpflicht eingehalten wird und dass in Prospekt und VIB die gesetzlich geforderten Informationen enthalten sind.  

Fehlen Prospekt oder VIB, obwohl diese nötig wären, sind die entsprechenden Unternehmensaktivitäten verboten. Die BaFin setzt oft schon beim bloßen Verdacht, dass ein wichtiges Informationsinstrument fehlt, das betreffende Unternehmen auf die im Internet für jeden immer und überall einsichtige Warnliste und untersagt ggf. weiteres Handeln.

Click zur BaFin | Warnungen und Aktuelles für Verbraucher

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Fazit

Finanzielle Bürgerbeteiligung im Bereich der erneuerbaren Energien bietet zahlreiche Vorteile für Anleger und Unternehmen. Durch Renditen und direkte Beteiligungsmöglichkeiten kann die Energiewende aktiv unterstützt werden.