Leider nein. – Nur weil ein Kunde sein Girokonto nutzt, heißt das nicht, dass er geänderte Nutzungsbedingungen abnickt. Zustimmungsfiktionsklauseln von Banken und Sparkassen sind nach gefestigter BGH-Rechtsprechung nichtig. Doch wie lange können Kunden Entgelt für Kontoführung zurückfordern, das sie auf Basis solcher Klauseln widerspruchslos bezahlt haben?
21. Ab da wird’s spannend. 21 ist die Randziffer in den Entscheidungsgründen des Urteils, ab der das Berufungsurteil zerlegt wird. Doch dazu später.
Der Fall
Der klagende Bankkunde fordert Kontoführungsgebühren zurück, die ohne seine ausdrückliche Zustimmung erhoben wurden. Die beklagte Sparkasse beruft sich auf eine sog. Zustimmungs(fiktions)klausel.
Einwand des Klägers: Die Klausel ist unwirksam!
Gegeneinwand der Beklagten: Die Ansprüche sind verjährt!!
Die unteren Instanzen gaben beiden recht. Die Klauseln sind unwirksam, was dem Kläger aber nichts nützte, weil er erst nach Ablauf der Dreijahresfrist, sprich zu spät, die Zahlung beanstandet hatte. Ergebnis: Klageabweisung.
Die Entscheidung des BGH
Der BGH hob das Berufungsurteil auf und verurteilte die Beklagte zur Rückzahlung gem. § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB. Die Entgelte seien ohne Rechtsgrund vereinnahmt worden. In Bezug auf die Zustimmungsfiktionsklausel gab es erwartungsgemäß keine Überraschung. Unwirksam lautet das Urteil. Dies entspricht der gängigen Rechtsprechung.
Click zum BGH | Urteil vom 27. April 2021 – XI ZR 26/20
Interessant wird das Urteil ab Randziffer 21 der Entscheidungsgründe: Die Beklagte dürfte die Entgelte nicht deshalb behalten, weil der Kläger widerspruchslos über drei Jahre gezahlt hatte.
Die Dreijahreslösung bei unwirksamen Preisanpassungsklauseln in Energielieferungsverträgen half der Sparkasse nicht weiter. Denn diese ist laut BGH auf unwirksame Zustimmungsfiktionsklauseln von Banken und Sparkassen nicht übertragbar.
Die Lücke im Vertrag, verursacht durch die unwirksame Zustimmungsfiktionsklausel, ist nicht durch ergänzende Vertragsauslegung, sondern durch dispositives Gesetzesrecht zu schließen.
Danach hat die Zustimmung des Kunden zu einer Vertragsänderung, die durch die unwirksame Zustimmungsfiktionsklausel fingiert werden sollte, durch eine Willenserklärung des Kunden zu erfolgen. Eine dreijährige Frist, binnen derer der Bankkunde die unwirksame Bankentgelte beanstandet haben muss, um nicht an das von der Bank oder Sparkasse Angetragene gebunden zu sein, sieht das nach § 306 Abs. 2 BGB maßgebende dispositive Gesetzesrecht nicht vor. Der Kunde kann also seine gezahlten Entgelte zurückfordern.
Click zum BGH | Presseerklärung vom 19. November 2024 – Nr. 219/2024
Click zu Juris | Urteil des BGH vom 19. November 2024 – XI ZR 139/23
Das Urteil wirft an einer Stelle Fragen auf: In der Presserklärung vom Nr. 167/2024 vom 21. August 2024 – Hinweis auf den Verhandlungstermin am 19. November 2024 – wird der Eindruck erweckt, als ginge es in den Entscheidungen um die Frage der Verjährung.
Click zum BGH | Presseerklärung vom 21. August 2024 – Nr. 167/2024
Click zum Beitrag | Ich will mein Geld! Wie lange kann Kontoführungsentgelt zurückgefordert werden?
In Bezug auf zeitliche Fragen geht es in den BGH-Ausführungen aber darum, ob die o.g. Dreijahresfrist aus dem Bereich von Energielieferungsverträgen im konkreten Fall anwendbar ist, was verneint wurde.
Der Widerspruch in der Entscheidung ergibt sich daraus, dass der Kunde auch nach drei Jahren widerspruchsloser Zahlung das Geld zurückfordern kann. Gleichzeitig führt der XI. Senat in Randziffer 24 aus, dass Ansprüche auf Rückzahlung rechtsgrundlos vereinnahmter Bankentgelte der regelmäßigen Verjährung von drei Jahren unterliegen.