Null und nichtig! So das jahrelange Urteil des BGH zur Wirksamkeit von Zinsanpassungsklauseln in Prämiensparverträgen. Auch klar: Für die Bestimmung der Zinsen ist ein Referenzzins heranzuziehen. Doch dazu, wie dieser zu bestimmen ist, schwieg Karlsruhe lange. Dies ändert sich wohl am 9. Juli 2024.
Die Fälle
Beklagte Sparkassen schlossen über Jahre hinweg mit Verbrauchern Prämiensparverträge. Vorgesehen war dort eine variable Verzinsung der Spareinlage sowie ab dem Jahr #3 eine gestaffelte verzinsliche Prämie, von bis zu 50 % ab dem 15. Sparjahr.
WAS SIND PRÄMIENSPARVERTRÄGE? Unterschiedlich im Detail, im Prinzip gleich: Der Sparer zahlt jeden Monat Betrag X ein. Darauf erhält er jährlich (variable) Zinsen und zusätzlich – daher der Name – eine Prämie. Je länger das Geld bei der Bank liegt, umso höher der jährliche Prämiensatz. Er beginnt in der Regel bei wenigen Prozentpunkten, stagniert in den ersten Jahren und steigt dann stetig bis zur sog. höchsten Prämienstufe. Diese kann rund 50 %, vereinzelt sogar 100 %, des angesparten Kapitals betragen. Ist die Prämienhöchststufe erreicht (etwa nach 15 Jahren), werden nach wie vor Zinsen und die Prämie gezahlt, doch nun stagniert der Prämiensatz.
Verbraucherschutzverbände hielten die Regelungen in den Verträgen zur Änderung des variablen Zinssatzes für unwirksam und die errechnete Verzinsung für zu niedrig, erhoben deshalb Musterfeststellungsklagen. Ziel ist insbesondere die Klärung der Frage, wie ein Referenzzinssatz zu bestimmen ist. Denn dieser ist für die von der Sparkasse vorgenommenen Zinsanpassung maßgeblich. In den Musterverfahren soll u.a. diese auch für andere Prozesse relevante Frage exemplarisch geklärt werden.
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Die bisherige Rechtsprechung des BGH
Zinsanpassungsklauseln sind unwirksam – so seit Jahren die gefestigte Rechtsprechung des BGH. Doch wie sind variable Zinsen zu bestimmen, wenn die entsprechende Vertragsregelung nichtig ist? Referenzzins ist hier das Schlagwort bzw. der maßgebliche Wert.
In den hiesigen Verfahren hatten beiden Oberlandesgerichte die Frage der Zinsanpassung mit sachverständiger Hilfe beantwortet: Die Musterbeklagten seien verpflichtet, die Zinsanpassungen in den Sparverträgen auf der Grundlage der Umlaufrenditen börsennotierter Bundesanleihen mit einer Restlaufzeit von über acht bis 15 Jahren (Zeitreihe der Deutschen Bundesbank mit der ehemaligen Kennung WU9554) vorzunehmen.
Die Musterkläger waren – wie sollte es anders sein? – mit dieser Berechnung nicht einverstanden. Ihrer Ansicht nach sind die Zinsanpassungen auf der Grundlage von gleitenden Durchschnittswerten der letzten zehn Jahre der Umlaufrenditen inländischer Hypothekenpfandbriefe mit einer garantierten Restlaufzeit von zehn Jahren (Zeitreihe der Deutschen Bundesbank mit der ehemaligen Kennung WX4260) vorzunehmen.
Der BGH hatte bislang geschwiegen, wie der Referenzzins konkret zu bestimmen sei. Ob und wie sich der XI. Zivilsenat nun äußert, wird sich am 9. Juli 2024 zeigen.
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