Glow-up für den Finanzplatz Deutschland, so das Ziel des Gesetzes. Im Fokus stehen Start-ups sowie KMUs. Privates Kapital soll mobilisiert werden, um der Wirtschaft zu neuem Aufschwung zu verhelfen, denn das Land braucht Investitionen. Welche Maßnahmen sind geplant?
Enttäuschend, dümpelt vor sich hin, steckt fest. So oder ähnlich wird die deutsche Wirtschaft derzeit in Fachkreisen bewertet. Um der Angezählten wieder auf die Beine zu helfen, sollen sich Unternehmen leichter und vielseitiger finanzieren können. Weiteres Ziel ist die Unterstützung von Innovationen.
Geändert werden diverse Gesetze, insbesondere Aktien- sowie Börsengesetz samt Börsenzulassungsverordnung, Kapitalanlagegesetzbuch, Vermögensanlagen-, Wertpapierprospekt- und Wertpapierhandelsgesetz.
Das Zukunftsfinanzierungsgesetz | ZuFinG sieht u.a. folgende Maßnahmen vor:
- Erleichterung von Börsengängen und Kapitalerhöhungen
- Update von Digitalisierung und Internationalisierung
- Anpassung der Haftung für Anlagebasisinformationen bei Schwarmfinanzierungen
- Verbesserung von Mitarbeiterbeteiligungen, Vereinfachung von Vermögensbildung
Im Einzelnen:
# 1 Erleichterung von Börsengängen und Kapitalerhöhungen
Unternehmen brauchen Eigenkapital, z.B. über den Kapitalmarkt. Der Zugang hierzu soll erleichtert werden, wovon vorrangig kleinere Unternehmen profitieren. Bisher erforderte die Börsenzulassungsverordnung 1,25 Mio. Euro an Mindestmarktkapitalisierung. Die Marke wurde nun auf 1 Mio. Euro gesenkt. Auch werden Regularien vereinfacht, wodurch die Kosten des Going Public geringer ausfallen. Auch Kapitalerhöhungen sollen einfacher und schneller werden.
Bislang waren Mehrstimmrechtsaktien unzulässig. Dies regelte § 12 Abs. 2 AktG. Eine Aktie vermittelte entweder ein Stimmrecht (one share – one vote) oder kein Stimmrecht. Je nach Ausgestaltung der Aktie hing das Stimmrecht vom Aktiennennbetrag oder bei Stückaktien von deren Anzahl ab.
Nun sind Mehrstimmrechtsaktien wieder zulässig, bedeutet: eine Aktie kann mehrere Stimmrechte gewähren. Insbesondere Gründern soll ein bestimmtes Maß an Macht und Einfluss über ihre Geschäftsstrategie gesichert werden, so die Gesetzesbegründung, S. 108. Gibt die Gesellschaft solche Mehrstimmrechtsaktien aus, dürfen diese bis zum Zehnfachen des Stimmrechts betragen. Die Stimme der Gründer z.B. zählt dann bis zu zehnmal mehr als die eines „einfachen“ Aktionärs.
# 2 Update von Digitalisierung und Internationalisierung
Das Gesetz über elektronische Wertpapiere | eWpG aus dem Jahr 2021 ist nun auch auf elektronische Aktien anwendbar. In Zukunft sollen Namensaktien über ein zentrales Wertpapierregister oder ein Kryptowertpapierregister begeben und übertragen werden.
Auch bei der BaFin soll die Digitalisierung weiter ausgebaut werden, schriftliche Eingaben werden immer mehr durch digitale Kommunikation ersetzt. Abläufe werden vereinfacht, Bürokratiehürden abgebaut. Der Stellenwert der englischen Sprache wird deutlich erhöht. Deutschland soll so im internationalen Vergleich an Attraktivität als Finanzplatz gewinnen.
# 3 Anpassung der Haftung für Anlagebasisinformationen bei Schwarmfinanzierungen
Bisher unterschiedlich geregelt waren die Haftungsregelungen für
- Anlagebasisinformationsblätter | §§ 32 c, d WpHG,
- Wertpapierinformationsblätter (WIB) | §§ 11. 13 WpPG sowie
- Vermögensanlageninformationsblätter (VIB) | § 22 VermAnlG.
Die Haftungsregelungen für Projektträger von Schwarmfinanzierungsprojekten und Schwarmfinanzierungsdienstleistern (§§ 32 c, 32 d, 32 e WpHG) werden neu gefasst und an WpPG und VermAnlG angepasst. Die Bezugnahme auf Mitglieder der Leitungs- und Aufsichtsorgane wird gestrichen und generell erfolgt eine Angleichung an die spezialgesetzliche Prospekthaftung. Der Begriff ist insofern nicht korrekt, da ein Informationsblatt ja gerade keinen Prospekt darstellt. Thematisch gehört der Bereich aber zur Prospekthaftung.
Click zum Beitrag | Emissionen im Wertpapierrecht: Wertpapierprospekt oder WIB?
Click zum Beitrag | Emissionen von Vermögensanlagen: Prospekt und/oder VIB?
# 4 Verbesserung von Mitarbeiterbeteiligungen, Vereinfachung von Vermögensbildung
Wer als Mitarbeiter an seinem Unternehmen beteiligt ist, identifiziert sich mit diesem, ist motivierter und zufriedener – so der Gedanke. Damit der Gedanke Realität bleibt oder erst wird, sollen Steuerregelungen verbessert werden. Konkret wird z.B. der Jahresfreibetrag angehoben. Auch soll das Problem des dry income (Zahlung von Steuern ohne Kapitalfluss aus der Beteiligung) gelöst werden, indem mehr Unternehmen von der Möglichkeit Gebrauch machen können, die Besteuerung aufzuschieben. Dahinter steht die Idee, junge Talente für junge Unternehmen zu gewinnen und diese auch zu halten. Auch soll Vermögensbildung generell einfacher werden. Mittel zum Zweck ist die Verdoppelung der Arbeitnehmer-Sparzulage.
Ob die Maßnahmen der Wirtschaft zum gewünschten Auftrieb verhelfen, wird sich zeigen.
Click zum Bundesgesetzblatt | Zukunftsfinanzierungsgesetz vom 14. Dezember 2023
Click zum Bundestag | Drucksache 20/8292 vom 11. September 2023 – Gesetzesbegründung
Click zum Bundestag | Gesetzgebungsgang des Zukunftsfinanzierungsgesetzes