Taxonomie-, Offenlegungs- und Benchmarkverordnung: Klarheit bei Kernaussagen

ESMA | Erklärungen vom 22. November 2023

Unser Finanzwesen soll nachhaltig werden! – so wollen es u.a. Taxonomie- und Offenlegungsverordnung. Schlagwörter: Co2-arm, Umweltziele, Green-Washing. Wann sind Investitionen nachhaltig? Drei Erklärungen der ESMA sollen Aufschluss geben.

EU regelt. ESMA erklärt. Nicht zum ersten Mal erlässt die EU ein Regelwerk, das Großes will, aber Fragen offenlässt. Um Unklarheiten bei Finanzmarktteilnehmern auszuräumen, erklärt die Oberste Europäische Finanzaufsichtsbehörde ESMA | European Securities and Marktes Authority in drei rechtlich unverbindlichen Dokumenten Ziele und Begriffe der drei Verordnungen. Stakeholder beider Seiten, Unternehmen wie (potentielle) Anleger, sollen sich im rechtlichen Rahmen für nachhaltige Investments besser zurechtfinden. Drei Erklärungen zu drei Themen: Kernaussagen der Verordnungen, DNSH -Prinzip, Schätzwerte.

Dokument #1: Kernaussagen der Verordnungen

Was steckt hinter Taxonomie-, Offenlegungs- und Benchmark-Verordnung?

Kurz erklärt:

  • Die Taxonomie-Verordnung will ein Bewertungssystem in der EU für die Frage bieten, ob und wie nachhaltig wirtschaftliche Aktivitäten und Investitionen sind.
  • In der Offenlegungs-Verordnung wird festgelegt, dass bestimmte Informationen zur Nachhaltigkeit von Finanzprodukten offengelegt werden müssen, um Investoren Anlageentscheidungen zu erleichtern.
  • Die Benchmark-Verordnung schafft einen gemeinsamen Rahmen, um die Genauigkeit und Integrität von Indizes sicherzustellen, die als Referenzwert bei Finanzinstrumenten und -kontrakten oder zur Messung der Wertentwicklung von Investmentfonds in der EU verwendet werden. Ihr unterliegen sämtliche Finanzmarktakteure, mit Ausnahme Zentralbanken und Behörden.

Das Dokument erläutert vergleichsweise knapp insbesondere Inhalt und die Ziele der Verordnungen. Eine abschließende Tabelle gibt Aufschluss darüber, für wen und in welchen Situationen die Verordnungen gelten.

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Dokument #2: DNSH-Prinzip | Do no significant harm

In den Verordnungen zum Thema Nachhaltigkeit spielen sechs Umweltziele eine zentrale Rolle:

  1. Klimaschutz
  2. Anpassung an den Klimawandel
  3. nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen
  4. Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft
  5. Vermeidung und Verminderung von Umweltverschmutzung
  6. Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität und der Ökosysteme

Das Dokument erläutert, wie die sechs Ziele als Schlüsselelemente im jeweiligen Kontext der einzelnen Verordnung einzuordnen sind.

Explizit genannt sind die Ziele in Art. 9 der Taxonomie-Verordnung. Eine Unternehmensaktivität ist nur dann taxonomie-konform, wenn sie mindestens einem der sechs Ziele dient, ohne die anderen zu beeinträchtigen. Eine Wirtschaftsaktivität darf dann nicht als nachhaltig eingestuft werden, wenn sie der Umwelt eher schadet als nützt. Wann konkret eine Wirtschaftsaktivität als nachhaltig gilt, wird ausführlich erläutert. Hier spielt insbesondere die technische Bewertung der Aktivität eine Rolle.

Die Offenlegungs-Verordnung setzt auf Ebene des Finanzprodukts an: das DNSH-Prinzip als Bewertungskriterium für die Frage nach der Nachhaltigkeit einer Investition.

Finanzmarkteilnehmer müssen z.B. Folgendes verifizieren:

  • Investieren die Finanzprodukte in wirtschaftliche Aktivitäten, die einem ökologischen oder einem sozialen Ziel dienen?
  • Beeinträchtigen die Finanzprodukte diese Ziele erheblich?
  • Herrscht in den Unternehmen, in die investiert wird, eine gute Unternehmensführung?

Für die Definition des Begriffs der nachhaltigen Investition verweist die Erklärung auf die Delegierte Verordnung 2022/1288, Erwägungsgrund Nr. 22. Danach ist eine nachhaltige Investition

  • eine Investition in eine Wirtschaftstätigkeit, die zur Erreichung eines Umweltziels oder sozialen Ziels beiträgt, oder
  • eine Investition in Humankapital oder zugunsten wirtschaftlich oder sozial benachteiligter Bevölkerungsgruppen,

vorausgesetzt, dass diese Investitionen keines dieser Ziele erheblich beeinträchtigen und die Unternehmen, in die investiert wird, Verfahrensweisen einer guten Unternehmensführung anwenden.

Im Rahmen der Benchmark-Verordnung spiegelt sich das DNSH-Prinzip z.B. insofern wider, als dass bestimmte Sektoren ausgeschlossen werden, wie etwa Waffenhandel oder Tabakproduktion.

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Click zur Delegierten Verordnung | (EU) 2022/1288

Dokument #3: Schätzwerte

Schätzungen können daneben liegen. Und dies führt zu Unsicherheit. Das Dokument möchte Unsicherheiten in dem Bereich abbauen, indem klargestellt wird, wann Schätzungen erlaubt sind. Der Grundsatz lautet: am besten gar nicht. Da das aber nicht immer einzuhalten ist, ist es erlaubt, in Ausnahmefällen Schätzwerte heranzuziehen. Finanzunternehmen dürfen dies z.B. bei der Bewertung der steuerlichen Ausrichtung ihrer Investments in Drittland-Unternehmen, DNSH ausgenommen.

Es muss aber klar kommuniziert werden, dass es sich um reine Schätzungen handelt, auf welcher Methode der Schätzwert basiert und wie hoch der Anteil des Investments ist, der auf Schätzungen basiert.

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Fazit

Die Erklärungen liefern keine neuen oder andere Informationen. Angesichts des geringen Umfangs wäre dies auch nicht möglich. Primäre Quelle sind immer die entsprechenden Verordnungen. Die Materie ist komplex, insbesondere aufgrund der Vielzahl der geltenden Verordnungen und diesen nachgeordneten, Delegierten Verordnungen. Die Erklärungen eigenen sich aber gut für einen ersten Überblick.

Click zur Taxonomie-Verordnung | Verordnung (EU) 2020/852

Click zur Offenlegungs-Verordnung | Verordnung (EU) 2019/2088

Click zur Benchmark-Verordnung | Verordnung (EU) 2016/1011

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