Das ist mein Solarmodul! Behaupten Kapitalanleger. Das Problem: Ein anderer behauptet das auch. Der andere ist Insolvenzverwalter im Insolvenzverfahren einer Gesellschaft, die Photovoltaikanlagen an Anleger verkaufte. Wer hat nun Recht?
Nur einzelne Solarmodule einer Freiland-Photovoltaikanlage sollen verkauft oder belastet werden. Geht, sagt der BGH. Unter bestimmten Umständen können diese Module als eigenständige Sachen angesehen werden und sind nicht automatisch Teil des Grundstücks oder der gesamten Anlage. Die Unterscheidung ist wichtig, weil sie die rechtliche Behandlung der Module verändert.
DIE FÄLLE
Im Jahr 2010 erwarb eine Gesellschaft eine Freiland-Photovoltaikanlage mit u.a. 5.000 Solarmodulen. Die Anlage war auf dem Grundstück eines Dritten errichtet worden, an dem die Gesellschaft ein Nutzungsrecht erhielt. Die Module der Anlage wurden Ende 2010 an 65 Kapitalanleger verkauft. Gemäß den im Großen und Ganzen gleichlautenden Kaufverträgen sollten die Anleger Eigentum an einer bestimmten Anzahl von Modulen erwerben sowie einen Miteigentumsanteil an der Unterkonstruktion der Solaranlage. Die Anleger vermieteten im Gegenzug die Module an ein Tochterunternehmen der Verkäuferin.
2016 wurde über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter klagte gegen die Kapitalanleger auf Feststellung, dass diese kein Eigentum an den Modulen und kein Miteigentum an der Unterkonstruktion erworben hätten.
Die Verfahren vor den Oberlandesgerichten endeten mit unterschiedlichen Ergebnissen, sodass der BGH gefragt war.
Wer ist nun Eigentümer der Solarmodule und der Unterkonstruktion?
DIE URTEILE
Es sind noch Fragen offen, deshalb hat der BGH die vier Berufungsurteile aufgehoben und die Verfahren an die jeweiligen Oberlandesgerichte zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
Die Anleger sind dann Eigentümer der Module geworden, wenn diese zum Zeitpunkt der Übereignung sonderrechtsfähig waren. Diese und ggf. weitere Fragen sind in den unteren Instanzen noch zu klären.
Eine Sache ist dann sonderrechtsfähig, wenn sie kein wesentlicher Bestandteil des Grundstücks oder der Photovoltaikanlage ist. Folgende Erwägungen haben die unteren Instanzen zugrunde zu legen:
Sind die Anlage und ihre Solarmodule wesentliche Bestandteile des Grundstücks | § 94 BGB?
Nein.
Die Photovoltaikanlage selbst – und ihre Module als deren Teile – sind kein wesentlicher Bestandteil des Grundstücks (§ 94 Abs. 1 BGB), weil sie nicht fest mit diesem verbunden ist. Die Module waren im konkreten Fall auch keine Gebäude (§ 94 Abs. 2 BGB). Der gerüstähnliche Aufbau aus Stangen und Schienen führt nicht dazu, dass bei dessen Abbau die Sache zerstört oder wesentlich beschädigt wird verbunden mit dem Verlust der Funktionalität. Dies (Zerstörung etc.) wäre aber nötig, um unter den Begriff des Gebäudes nach § 94 Abs. 2 BGB zu fallen.
Sind die Solarmodule wesentliche Bestandteile einer Gesamtanlage | § 93 BGB?
Es kommt darauf an.
Die grundsätzliche Frage, ob etwas wesentlicher Bestandteil einer anderen Sache ist, lautet: Sind infolge der Verbindung zum Zeitpunkt der Verbindung Rechte Dritter untergegangen? Mit anderen Worten: Hat jemand sein Recht an der Sache verloren, weil dieses eingebaut wurde.
Die Konstellation hier ein wenig anders. Es geht um die Frage, ob die Anleger ein Recht an einem Bestandteil begründen konnten (= Eigentümer der Module werden), das schon in eine zusammengesetzte Sache (= Anlage) eingefügt war. Maßgeblich sind die Verhältnisse bei Entstehung des Rechts und die Frage, welche Folgen hätte der gedachte Ausbau in diesem Zeitpunkt.
Antwort: Hätten die Module bei der Übereignung im Falle der Trennung noch durch zumindest vergleichbare, auf dem Markt verfügbare Modelle ersetzt und ihrerseits in anderen Anlagen verwendet werden können, wären sie sonderrechtsfähig gewesen.
Zwischen Errichtung der Anlage und Übereignung der Module an die Anleger lag ein kurzer Zeitraum, sodass dies vermutet wurde. Ist der Kläger anderer Ansicht, muss er dies vortragen und beweisen.
Der Kläger hatte eingewandt, dass die Anlage durch den Ausbau eines oder mehrerer Module die bisherige Einspeisevergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) verloren und nur noch die geringere Einspeisevergütung aus dem Jahr der Übereignung an den Beklagten erhalten hätte, weil für sie dann ein neues Fertigstellungsdatum i.S.d. EEG gegolten hätte. Die Argumentation führte nicht zur Beurteilung der Module als wesentliche Bestandteile der Anlage. Denn Änderungen von rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, z.B. nach EEG haben keinen Einfluss.
Sollten die OLGs zu dem Ergebnis kommen, dass die Module keine wesentlichen Bestandteile der Gesamtanlage sind, sind weitere Punkte zu klären; einer davon betrifft den sachenrechtlichen Bestimmheitsgrundsatz. Um diesem zu genügen, müssten die Module in den Lageplänen deutlich gekennzeichnet sein.
Auch wenn für den Moment die Eigentumsfrage noch nicht geklärt ist, bieten die Urteile für Investoren und Betreiber von Solarparks sonnige Aussichten und schaffen Flexibilität bei Finanzierung und Nutzung von Solarmodulen.
Click zum BGH | Presseerklärung Nr. 192/2021 vom 22. Oktober 2021