Anbieter aufgepasst! Öffentliches Angebot nach Prospektverordnung: von null auf prospektpflichtig in drei Sekunden

BaFin | Merkblatt vom 11. September 2025 

Zwei Freunde + ein Anlagetipp = harmlos? Nicht unbedingt. Schon das kleinste Gespräch über Wertpapiere kann nicht mehr als privat, sondern als öffentliches Angebot gelten. Die Folge: Prospektpflicht. Und wenn die nicht eingehalten ist, kann das böse Folgen haben. Was also sagt die BaFin zum Begriff des öffentlichen Angebots? 

Was ist ein öffentliches Angebot?

Der Begriff ist in Art. 2 lit. d EU-Prospektverordnung definiert:

Danach handelt es sich bei einem öffentlichen Angebot um eine Mitteilung an die Öffentlichkeit in jedweder Form und auf jedwede Art und Weise, die ausreichende Informationen über die Angebotsbedingungen und die anzubietenden Wertpapiere enthält, um einen Anleger in die Lage zu versetzen, sich für den Kauf oder die Zeichnung jener Wertpapiere zu entscheiden. 

Click zur EU-Prospektverordnung | Verordnung EU 2017/1129

Das Merkblatt erläutert die BaFin-Verwaltungspraxis zu dieser Definition anhand von fünf Kernaspekten:

„Wie?“ Form der Mitteilung

Bei der Verbreitung der Mitteilung gilt ein weiter Begriff, das Medium ist irrelevant, alle Kommunikationsformen sind erfasst: persönliche Gespräche, Telefonanrufe, Veranstaltungen, Internet, Zeitungen, TV, Radio oder Streaming-Dienste. Eine bindende Willenserklärung gem. § 145 BGB ist nicht erforderlich, es genügt eine invitatio ad offerendum (Einladung zum Angebot).

„Was?“ Informationsgehalt

Die Mitteilung muss Mindestinformationen enthalten, etwa zu Antrags- und Zeichnungsverfahren, Anlagebetrag, Laufzeit und Zinsspanne. Nicht alle Vertragsunterlagen müssen vorliegen – ausreichend ist, dass sich potentielle Anleger ein umfassendes Bild machen können. Die Informationen können auch gestaffelt bereitgestellt werden.

„Von wem?“ Verantwortlichkeit für die Mitteilung

Die Initiative muss vom Anbieter ausgehen, der die Wertpapiere öffentlich anbietet. Entscheidend ist dabei der Einzelfall, insbesondere wer die Initiative zur Kontaktaufnahme ergriffen hat. Anbieter und Verkäufer des Wertpapiers müssen nicht identisch sein.

Maßgeblich ist, wem das Angebot zuzurechnen ist. Als Anbieter gilt:

  • Wer nach außen als solcher auftritt – auch durch Beiträge zum öffentlichen Angebot.
  • Wer die Verantwortung für das öffentliche Angebot trägt – entweder durch aktiven Beitrag oder Kontrolle über das Angebot.

Es ist möglich, dass mehrere Personen (juristische oder natürliche) gemeinsam als Anbieter gelten, wenn sie sich gegenseitig ihre Beiträge zurechnen müssen. Bei kollusivem Verhalten, etwa durch eine strukturierte Aufteilung kleiner, aber notwendiger Beiträge, gelten alle Beteiligten aufsichtsrechtlich als Anbieter.

„An wen?“ Adressaten der Mitteilung

Ein öffentliches Angebot liegt vor, wenn sich eine Mitteilung an mindestens zwei (natürliche oder juristische) Personen richtet. Über die Anzahl der Adressaten gibt die deutsche Fassung keinen Aufschluss: Dort ist ein öffentliches Angebot eine Mitteilung an die Öffentlichkeit.

In den meisten anderen Sprachfassungen der Prospektverordnung wird jedoch eindeutig auf Personen Bezug genommen. Daraus ergibt sich, dass ein Angebot bereits dann öffentlich ist, wenn es sich an Personen richtet, ohne dass diese unbestimmt oder zahlreich sein müssen.

Wichtig ist: Dass Anbieter und Anleger bereits privat bekannt (z. B. durch frühere Geschäftsbeziehungen) sind, schließt die Öffentlichkeit nicht aus. Anders ausgedrückt: Auch unter Bekannten kann ein Angebot öffentlich sein.

Der Begriff „private placement“ ist nicht gesetzlich definiert und daher nicht geeignet, um die Öffentlichkeit eines Angebots zu beurteilen.

Nicht erforderlich ist, dass sich die Mitteilung an „jedermann“ oder eine nicht bestimmbare Anzahl von Personen richtet. Das Informationsniveau der Anleger ist für die Einordnung als öffentliches Angebot unerheblich.

Begriff „Öffentlichkeit“ ist weit zu verstehen, um den Zielen der Verordnung (Anlegerschutz, Markteffizienz und Stärkung des Kapitalbinnenmarkt) gerecht zu werden. Eine enge Auslegung würde diesen Zielen zuwiderlaufen.

„Wann?“ Zeitlicher Aspekt

Das Angebot beginnt, wenn den potenziellen Anlegern Mindestangaben vorliegen, die eine Investitionsentscheidung ermöglichen. Es endet, wenn die Wertpapiere nicht mehr erworben werden können.

Nach Abschluss der Emission und Platzierung auf dem Primärmarkt gelten für Angebote auf dem Sekundärmarkt grundsätzlich die gleichen gesetzlichen Anforderungen hinsichtlich der Prospektpflicht.

Praktische Bedeutung

Die Definition ist bewusst weit gefasst, um den Anlegerschutz zu gewährleisten. Bereits kleinste Kommunikationsformen können ein öffentliches Angebot darstellen und zur Prospektpflicht führen. Die Ausnahmen sind abschließend in der Prospektverordnung geregelt.

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